QUITTERS ANTHEM

„29 stunden und 13 minuten“, völlig erschöpft lass ich mich ins gras am parkplatz scharlberg fallen. Dennis drückt mir ein eiskaltes ratsherrn in die hand, elif und basti stoßen mit rotkäppchen sekt an. first FKT heidschnuckenweg “
So oder so ähnlich hatte ich mir das ende des fkt attempts heidschnuckenweg vorgestellt. Erste mal über 200k, längster lauf ever. Stolz wie bolle. 2-3 tag fame auf strava und den sozialen netzwerken. Stattdessen mal wieder eine auseinandersetzung mit scheitern.
Persönlich, grundsätzlich. Ganz klar bin ich enttäuscht über die 100 nicht gelaufenen kilometer und nicht stolz auf die 120k gelaufenen..
Nach meinen ausstieg beim bello gallico 2018 hab ich ja schon mal geschrieben „was ist der punkt, wenn es keinen spaß mach“. Aber ich weiß natürlich schon, das nicht der ausstieg der punkt ist. Sondern das ankommen. Type2Fun, wie stef aus belgien das nennt. War geil. Im nachhinein.

nachdem ich "lauf beenden" gedrückt hab


Immer wieder les und hör ich es: "do not quit". In leadville am vorabend beim briefing als ritual. Alle 800 leute sollen „I will not quit“ rufen. Gut 1/3 verweigert sich, gut 50% steigen aus.
Bei postings auf strava, „never quit“, in lauffilmen “don`t quit“
Überall in verwandten formen.
I am a quitter.

crew & support, gleich kommt dennis mit für 30

Schon oft, bei wettkämpfen, im training, bei langen läufen,bei intervallen. Im leben. Ich scheiter. ständig, immer und immer wieder. Und habe dazu ein gespaltenes verhältnis.
Wenn mir jemand viel erfolg wünscht, find ich das schon komisch. Ich will, das ihr mir spaß wünscht. Was ist denn erfolg? Früher als kleiner punker war mir das schon zutiefst zuwider. Ich will keinen erfolg. Ich will, das es cool ist. Was immer das bedeutet. Im punk wars scheißegal, ob erfolg oder nicht. (punkrock nehme ich hier aus, punkrock ist soviel punk wie helena fischer). Tja, und dann kommt hardcore. „Finish what you started.“ Wirklich? Weiß nich. Ich dreh mich im kreis. Anfangen kann ich was mit spermbirds „try again“. Das mag ich. Wenns wichtig ist. Aber warum war es vorgestern nacht nicht mehr wichtig? Ich weiß es nicht.

was macht der FCSP eigentlich so?

Erfolg, training, irgendwie sind das für mich immer negativ besetzte begriffe geblieben, die ich mit kapitalismus, selbstoptimierung, überheblichkeit, über andere stellen, „besser sein“ verbinde. Kariere im sinne von mehrwert schaffen und reich werden ist mir suspekt.
Andererseits lauf ich ja kompentativ, nicht nur gegen und mit mir, ich finds geil, wenn ich podium lauf, oder unter die ersten 10% eines rennens, ihr wißt was ich mein. Noch geiler, weil ich eben auch feier, sauf, rauch, nicht dieser stino midlifecrises tuep bin, der nicht anders kann. Oder bin ich das eben doch, nur das sich das bei mir anders äussert? Durch verzweifelte abgrenzung, aber eben doch die gleichen mechanismen? ich befinde mich (sicher nicht als einziger) in einem ständigen widerspruch. Hab letztens eine lauffreundin angemault, weil sie nach 45k bei einem 50er ausgestiegen ist, einfach weil sie keine lust mehr hatte. Was ist das denn für ein grund. Find ich auch immer noch bescheuert, aber was nehm ich mir eigentlich anderen leuten, besonders meinen freunden und freundinnen gegenüber eigentlich raus? Ich hatte Samstag nacht nach 120k keine lust mehr. Nicht verletzt. Nur müde. Noch 100k erschien mir wahnsinnig weit. den letzten kilometer bin ich komplett gelaufen, 8er pace! Wahrscheinlich war das mein langsamster flacher kilometer ever.

Die uhr gedrückt. Weil ich nicht mehr wollte, hab ich meine crew enttäuscht, die sich für mich den tag um die ohren geschlagen hat und das den nächsten tag auch machen wollte. Einfach aufgehört, einfach weil ich keine lust mehr hatte.
Zwei tage später bedauer ich die entscheidung nicht. Und bin immer noch enttäuscht. Vielleicht kann ich widersprüche auch einfach nur gut aushalten. Aber beschäftigen tun sich immer. Und das wird wohl auch so bleiben.

Christiane & Henning begleiten mich für 13k, Cara war auf den letzten 10 dabei, leider kein foto.

kann ich noch 2 bier bekommen?

kann ich noch schnell 2 bier bekommen?

22:13, dönerladen in underlüß, gerade am schließen, geschafft, in 20min fährt der metronom nach hamburg. "flasche?" "ja, gerne. und wenn noch einer von euch ne kippe für mich hat, dreh ich durch" "kippe gibts nur, wenn du nicht durch drehst" "ok, ich versprechs, vielen dank ihr beiden"

9:45 Celle, meine garmin stürzt grad zum 2. mal bei dem versuch ab, den heidschnuckenweg zu starten. das ist ja mal ein gutes omen. der plan: 221km in 3 tagen, rucksack mit innenzelt, (soll ja nicht regnen), schlafsack, isomatte, futter, klamotten und getränken prall gefühlt, ca. 6-7 kilo auffem rücken denk ich.
da ich hete morgen kein bock hatte so früh los, dieser etwas späte start, den 1. tag dann halt nen büschen kürzer. puuuh, track endlich doch drauf, also konnte es losgehen. am anfang hat die ständige abbiege-vibration genervt, habs ich dann ausgemacht, nur verlaufen track verloren angelassen, aber insgesamt richtig gut ausgeschildert. kann man denk ich wenn man gut aufpasst die ganze zeit auch ohne track laufen. insgesamt eher nicht so geil, wenn man den norden und vor allem den teil in der lüneburger heide kennt, schon mal singletrail und hübsche heide, aber immer eher kurz und gerne einfach mal auch kilometerlange waldautobahn gerade aus.

ich wolle es ganz gemütlich angehen lassen, so 65k und dann irgendwo das zelt aufbauen. ersten 30 waren auch genau wie vorgestellt, stabiles tempo um die 6:30, mit sonen dicken rucksack ist aber echt schufflestyle. dann 15k etwas zäher, aber bei ca 45k gabs so ne selbstbedienungs bauernladen mit bier im kühlschrank, yeah, pause!

schließlich weiter geschuffelt, oft mal kurz angehalten, war schon im arsch. 69k faßberg, netto kram gekauft. und ich wollte mir nen platz zum pennen suchen, nicht so ideal, da doch viele kleine ortschaften, campen eh verboten und jetzt, naja, erst recht. irgendwo ein bemostes waldstück, rein da, nützt ja nix und ich wollte das zelt noch im hellen aufbauen, ich bin eher nicht so der begnadete camper. rucksack ausgepackt, innenzelt geschnappt, oh, warum sind denn da eigentlich soviele schnüre dran.... alter. du hast das außenzelt eingepackt... welches sich nicht ohne innenzelt aufbauen läßt... erstaunlich ruhig packe ich alles wieder ein, zog meine leichte daunenjacke (falsche daunen, easy) an. und spazierte richtung Poitzen. unterwegs waren ab und an mal so schutz-grillhüten am weg, ich wollte schauen, ob ich sowas find, so im wald ist mir zuviel kleines getier, iiihhh. sonst in poitzen gucken, obs am minibahnhof was gibt. aber leider nichts gefunden, wo ich mich gtraut hätte zu übernachten. laune war so eher mittel inzwischen, es wurde rasant dunkel und irgendwie hatte ich mir nur scheiß zu essen gekauft. handy check. komm ich von hier irgendwie nachhause. DB app sagt. ja. solange ich 7h an einer bushaltestellen warten will. hm, warte, ich denk kurz drüber nach... och nö. kumpel angerufen, diggie, notfall, könntest du mich abholen? ah, schon gin tonic gesoffen? ne, so groß ist der notfall nicht, weitermachen, sehn uns. verdammt. aber so einfach mich mit der scheißsituation abfinden wollt ich mich nicht. wander ich jezt 25k nach soltau. von da fahren züge erst nach hannover? das ist ja bescheuert. und schließlich, ich weiß gar nicht mehr wie das geklappt hat, hab ich rausgefunden. von underlüß fahren züge nach hamburg. und das ist nur 14k von hier. ich könnte sogar noch den vorletzten um 22:33 bekommen. umgezogen, energydrink reingekippt und losgerannt. krass, wie schnell man plötzlich laufen kann nach 70k, sicher kein marathonrenntempo aber schon dynamisch. uhr piept. na gut, 6:30 pace. aber anfühlen tut sichs wahnsinnig schnell. immer schön radweg anna landstr. lang, nach der hälfte noch nen energydrink gekippt, lampe auf, gummibärchen. endlich underlüß, krass langer ort, ah, da ist der bahnhof, oh, ein imbiss. aber fährt hier wirklich ein zug? ja, hier fährt wirklich ein zug! geiler scheiß! rucksack runter, entspannen, ob der imbiss noch auf hat?